Zum Inhalt springen

Gute Aussichten durch Anpassung

© energiekonsens

Ganz klar – dem Fenster kommt mit Blick auf nachhaltiges Bauen eine große Bedeutung zu. Optimal isolierverglast, luftdicht gerahmt und eingebaut sorgt es für mehr Energieeffizienz im Haus. Bei der Wahl des transparenten Gebäudeteils muss heute aber noch anderes mitbedacht werden: steigende Temperaturen und die Zunahme von Extremwetterereignissen, die ihm ganz schön zusetzen können. In der Online-Veranstaltung „Klimawandel gleich Fensterwandel – Herausforderungen an Fenster und deren Einbau“ aus dem klima:akademie-Programm der gemeinnützigen Klimaschutzagentur energiekonsens stellten Experten Interessierten aus der Handwerks- und Baubranche sowie Immobilienbesitzenden Lösungen zur Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen vor.

Portraibild Peter Schober, Abteilungsleiter Bautechnik und Bereichsleiter Fenster bei der Holzforschung Austria
© HFA
Peter Schober, Abteilungsleiter Bautechnik und Bereichsleiter Fenster bei der Holzforschung Austria, weist auf die zunehmende Belastung für Fenster im Zuge des Klimawandels hin.

Peter Schober, Abteilungsleiter Bautechnik und Bereichsleiter Fenster bei der Holzforschung Austria, machte in seinem Einstieg ins Thema deutlich: Heftige Stürme mit enormer Windlast, Hagel, Starkregen und damit Oberflächenwasser nehmen zu – auch in Deutschland. Sie können zu erheblichen Schäden an Gebäuden führen. Fenster sind dabei nicht ausgenommen und die Anforderungen an sie steigen, wie der Experte anhand von Kurzvideos zeigte. Grund dafür seien unter anderem die aktuellen Wohntrends hin zu großen Glasflächen sowie schwarzen oder anthrazitfarbenen Rahmen. „Auf letzteren Oberflächen entwickeln sich unbeschattet bei Hitze Temperaturen von bis zu 80 Grad. Damit muss ein Profil erst einmal umgehen. Vielfach kommt es zu Rissen, ja sogar zu Verformungen im Material.“ Was Hagelschlag mit großer Energie sowie Orkane mit hoher Windstärke verursachen und ab wann Scheiben oder Konstruktionen sogar zerbersten, testet der Diplom-Ingenieur mit seinem Team und prüft auch Produkte von Herstellern hinsichtlich ihrer Qualität und Sicherheit. „Dabei geht es darum, Bauwerke gegen den Klimawandel resilient, also widerstandsfähig zu machen. Es gibt mittlerweile bereits gute technische Lösungen dafür“, betont er und nannte als Beispiel „coole“ Fenster, die vor sommerlicher Überhitzung schützen.

Die größte Problematik sieht der Österreicher derzeit im Stauwasser durch Oberflächenwasser, das bei barrierefreien Häusern mit bodentiefen Fenstern schnell eindringen kann: „Hier sind Bauteile notwendig, die mindestens 30 Minuten dichthalten. Das gilt es bei der Planung eines Objektes unbedingt konstruktiv zu berücksichtigen.“ Das Fenster, so Peter Schober, sei der Hochleistungsbauteil in der Fassade und es gelte die an ihm auftretenden Lasten nicht zu unterschätzen – „jetzt und auch in Zukunft.“ Die durch den Klimawandel zunehmenden Extremwetterereignissen müssten sowohl in der Vorbereitung als auch in der Ausführung und Montage beachtet werden.

Auf den Einbau kommt es an

Der zweite Referent, Wolfgang Jehl, konzentrierte sich in seinem Vortrag auf den Baukörperanschluss. Denn dieser, das stellte der Produktmanager am Institut für Fenstertechnik ift Rosenheim voran, ist essentiell: „Fenster sind immer nur so gut wie ihr Einbau.“ Er führte aus, welche Mindestanforderungen zum Beispiel hinsichtlich der Befestigung und Abdichtung bei der Montageleistung zu erfüllen sind, und nannte wichtige Arbeitsschritte. Auf die konkrete Umsetzung habe die vorherrschende Windlast großen Einfluss. Der Fachmann nannte den Teilnehmenden die Internetseite www.dibt.de/de/service/listen-und-verzeichnisse des Deutschen Instituts für Bautechnik, auf der Exceltabellen – gegliedert nach den Bundesländern mit Angabe der Windlastzonen 1 bis 4 nach Verwaltungsbezirken – heruntergeladen werden können. Mit dieser Information lassen sich anhand der DIN 18055, Anhang A, für den jeweiligen Gebäudestandort über die Geländekategorie, die Gebäudehöhe und die Einbaulage des Fensters im Mitten- oder Randbereich der Fassade die Anforderungen an die Windwiderstandfähigkeit und Schlagregendichtheit ermitteln, die auch für den Baukörperanschluss relevant sind. „Eine gute Orientierungshilfe, um einschätzen zu können, welche Anforderungen Fenster und ihre Befestigung vor Ort erfüllen sollten“, so Wolfgang Jehl.

Portraitbild Wolfgang Jehl
© ift Rosenheim
Wolfgang Jehl, Produktmanager am Institut für Fenstertechnik ift Rosenheim, empfiehlt beim Einbau von Fenstern die enge Zusammenarbeit zwischen Archtiekt*innen und Handwerk

Der Referent empfahl den Teilnehmenden, beim Baukörperanschluss immer auf die enge Zusammenarbeit und den Austausch von Architekt*innen und allen beteiligten Gewerken zu achten und im Vorfeld eine gute Planung des Fenstereinbaus vorzunehmen. Dabei sei ein einfach zu bedienendes Online-Tool hilfreich, das am Institut für Fenstertechnik entwickelt wurde. Unter ift-montageplaner.de können sich Nutzer*innen unter Angabe des Standorts und der Höhe ihres Gebäudes sowie der Fensterlage in der Fassade zum Beispiel die zu erwartende Windlast und die richtige Dimensionierung der Befestigung errechnen lassen.

Zum Schluss seiner Ausführung stellte der Experte noch die zweistufige Montage mit Vorab-Montagezargen vor – keine neue Methode, aber ein Vorgehen, das sich seiner Meinung nach im Klimawandel auszahle. Dabei wird das Fenster nicht im Rohbau, in der sogenannten nassen Bauphase eingesetzt – da lege man lediglich den Montagerahmen an –, sondern erst nach dem Ausbau. Wolfgang Jehl: „So ist es nicht den starken Belastungen während des Bauens ausgesetzt, was oft schon zu massiven Schäden führt, und kann viel leichter ausgewechselt werden, weil kein Eingriff in die Gebäudesubstanz erfolgt. In Zeiten mit immer extremeren Wetterereignissen sehe ich darin einen echten Vorteil.“

Weitere Informationen zu Fachveranstaltungen für Handwerkende und Bauinteressierte im zweiten Halbjahr 2022 unter: energiekonsens.de/klimaakademie